Replik zu
VSGS-Whitepaper: Eigenverbrauch als Quersubventionierung
Korrigendum
[04.05.2021]
Kapitel 7 über Aussage zu “Netzzuschlag” wurde nach Rückmeldung des VSGS betreffend Fehlinterpretation durch den Replik-Autor angepasst. Die Aussage im Whitepaper ist jedoch weiterhin unzulässig und irreführend.
Replik
Titel Replik: Replik zum Whitepaper «Umverteilungseffekte aufgrund reduzierter Netznutzungsbeiträge beim Eigenverbrauch – eine Quantifizierung»
Autor: Lars Huber
Veröffentlichung: 23.03.2021
Aktuelle Version: V2021-05-04
Vollständige Replik: Download PDF (1.7 MB)
Bezug:
Titel Whitepaper: Umverteilungseffekte aufgrund reduzierter Netznutzungsbeiträge beim Eigenverbrauch – eine Quantifizierung
Herausgeber: Verein Smart Grid Schweiz VSGS
Dokument: https://smartgrid-schweiz.ch/wp-content/uploads/2020/08/2020_VSGS_Whitepaper_Eigenverbrauch.pdf
Publiziert unter:
VSGS-Whitepaper
Im Whitepaper will der VSGS aufzeigen, dass der gleichzeitige Eigenverbrauch in Gebäuden mit einer Photovoltaikanlage eine intransparente Quersubventionierung zu Lasten der Kunden ohne Möglichkeit auf Eigenverbrauch ist.
Zusammenfassung der Replik
Eigenverbrauch
Aus der Sicht des Netzes muss die reduzierte Stromentnahme als Effizienzsteigerung des Gebäudes angeschaut werden und nicht als Bereicherung zu Lasten anderer, wie im Whitepaper dargestellt. Andernfalls ist jegliche Massnahme oder Verhaltensänderung für mehr Energieeffizienz ein Betrug gegenüber anderen Netzkunden, welche keine Massnahmen zum Energiesparen ergreifen.
Getroffene Annahmen
Für die Deklaration und Quantifizierung dieser angeblichen «Quersubvention» wird eine Reihe von Annahmen getroffen und Aussagen gemacht. Die gewichtigsten Annahmen werden weder hergeleitet noch referenziert. Die Szenarien mit Anzahl Haushalten im Eigenverbrauch und deren Eigenverbrauchsquote sind durchaus akzeptierbar.
Hochskalierung
Die einseitigen Hochskalierungen des steigenden Eigenverbrauchs und den damit verbundenen Zusatzkosten für andere Netzkunden bis 2050 sind realitätsfern, weil die bevorstehende Elektrifizierung von Wärmeerzeugung und Mobilität komplett weggelassen wird. Die Branche und der VSGS selbst erachten die Elektrifizierung als eine grosse Herausforderung der kommenden Jahre.
Lastspitzen
Die Aussage, dass sich die maximale Bezugsleistung (Leistungsspitze) eines Prosumers nicht verändern würde, darf an dieser Stelle nicht so stehen gelassen werden. Die Praxis hat in den letzten zwei Jahren gezeigt, dass genau die ZEV-Bildung bei neuen Überbauungen die Netzanschlussgrösse deutlich reduzieren kann. PV-Anlagen im Eigenverbrauch setzen oft Energiemanagementsysteme ein, welche die Lasten netzdienlich steuern. Die angesprochenen Lastspitzen und die benötigte Energie in der Nacht sind von den Verteilnetzbetreibern selbst durch bewusste Regelung herbeigeführt. Sowohl das netzgesteuerte Lastmanagement, wie auch die Tarifierung, legen die steuerbaren Lasten gezielt in die Nacht. Etwas provokativ ausgedrückt kann man sagen, dass die Prosumer mit Energiemanagementsystemen die besten Netzanschlussoptimierer der letzten Jahre sind.
Netzkosten
Die Leistungsspitze sei der massgebliche oder gar alleinige Netzkostentreiber: Dies ist eine weitverbreitete Meinung, sowohl in Fachkreisen wie auch in Politik und Gesetzgebung. Das Gegenteil belegen Studien und sogar Dokumente und Zahlen der Schweizer Strombranche selbst. Nachfolgender Auszug aus einer Studie von 2018 beschreibt die Situation sehr treffend:
«Die verbreitete Annahme, dass sich die Netzkosten weitgehend proportional zur zeitgleichen Netzhöchstlast in einem Netzgebiet verhalten, ist so nicht haltbar. Die Netzhöchstlast ist weder der dominierende noch ein proportionaler Treiber der Netzkosten.»
Quelle: Consentec GmbH and Fraunhofer ISI, Optionen zur Weiterentwicklung der Netzentgeltsystematik für eine sichere, umweltgerechte und kosteneffiziente Energiewende, 2018.
Eine ausführliche Untersuchung der Netzkosten wurde im Paper «Netzkostentreiber» veröffentlicht.
Netzzuschlag [Korrigendum 04.05.2021]
Das Whitepaper suggeriert dem Leser mit dem Begriff «Subvention» für den eingesparten Netzzuschlag (2.3 Rp/kWh) beim Eigenverbrauch, dass dieser durch andere Netzteilnehmer kompensiert werden muss.
Hier ist der Begriff Subvention falsch verwendet, weil der nicht eingenommene Netzzuschlag nicht durch andere kompensiert werden muss. Zudem hat der Netzzuschlag nichts mit den Netzkosten zu tun und wird zu 100% anderweitig verwendet.
Meinungsbildung
Wenn solche unbelegten und zum Teil sogar falschen Aussagen aus dem Kreis jener Fachexperten kommen, welche rund 50% der bewirtschafteten Messpunkte repräsentieren, ist dies höchst bedenklich. Weder die Branche, das BFE, die Politik, noch die Öffentlichkeit sollte sich an diesem Whitepaper des VSGS informieren und orientieren, weil die Darstellung im Whitepaper zu viele Ungereimtheiten aufweist, was das Paper grundsätzlich unglaubwürdig macht.
Eine faktenbasierte und nachvollziehbare Aufarbeitung dieser Themen wäre dringend notwendig, bevor voraussichtlich im Sommer 2021 die Botschaft zum neuen Stromversorgungsgesetz ins Parlament kommt.