Betragsnetto-prinzip
Das Bundesamt für Energie hat in der Vernehmlassung zur Revision des Stromversorgungsgesetzes einen Vorschlag unterbreitet, welcher der vermehrten dezentralen Stromproduktion durch Photovoltaik Rechnung tragen soll. Dadurch sollen die Netzkosten verursachergerechter abgerechnet werden. Es ist eine Verbesserung zur heutigen Situation. Dennoch enthält der Vorschlag einen groben Konzeptfehler, welcher massiv der Energiestrategie 2050 widerspricht, für welche das BFE verantwortlich ist.
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Beschreibung und Herleitung
Revision Stromversorgungsgesetz 2018 - Betragsnettoprinzip
(Aktuelle Version: V2019-11-12)
Abstract
Ende 2018 hat der Bundesrat die Revision zum Stromversorgungsgesetz in die Vernehmlassung geschickt. Darin wird mehrmals die Stärkung der Verursachergerechtigkeit im Bereich der Netzkosten hervorgehoben. Eine konkrete Massnahme dazu ist der Vorschlag, das heutige Bruttoprinzip durch das Betragsnettoprinzip zu ersetzen. Diese Prinzipien bestimmen die für die Wälzung massgebenden Energiewerte im Verteilnetz, relevant für die Arbeitskomponente im Netztarif.
Heute wird jede verkaufte Kilowattstunde so betrachtet, als ob sie alle 7 Netzebenen unseres Stromnetzes durchlaufen hat, bis sie z.B. in einen Haushaltsgerät verbraucht wird. Das heisst, jede Kilowattstunde bezahlt an jede der sieben Netzebenen einen Anteil. Nun ist es heute so, dass wir direkt auf der letzten Netzebene Strom produzieren, z.B. mit Photovoltaik, welche diese Netzebene physikalisch nie verlässt und direkt verbraucht wird. Aber auch diese Kilowattstunde bezahlt den gleichen Anteil an alle Netzebenen wie die Kilowattstunde aus einem zentralen Grosskraftwerk oder aus dem Ausland.
Das Betragsnettoprinzip verbessert zwar die Situation deutlich, indem jetzt nur die realen Stromflüsse zwischen den Netzebenen gemessen werden, aber bestraft weiterhin die dezentrale Stromproduktion. Dieses Paper zeigt auf, dass das Betragsnettoprinzip nur eine Schlussfolgerung zulässt:
Eine Stromversorgung der Industrie (Netzebene 5) über die Netzebenen 1 und 3 ist erwünscht. Diese Netzebenen erhalten Geld, wenn sie Strom an die Netzebene 5 liefern. Die dezentrale inländische und erneuerbare Versorgung der Industrie aus der Netzebene 7 heraus muss verhindert werden und wird bestraft. Denn wenn die Netzebene 7 Strom an Netzebene 5 liefert, bekommt sie nicht Geld, sondern muss bezahlen, dass sie liefern darf.
Physikalisch gesehen gibt es keinen Grund, dass Netzebene 7 für die Lieferung bezahlen muss während Netzebene 3 Geld erhält. Zudem müssten die Netztarife für Netzebene 5 Verbraucher (Industrie) drastisch sinken, weil über die Netzkosten keine Gewinne erwirtschaftet werden dürfen.
Es stellt sich nun die Frage, ob das Bundesamt für Energie bei der Ausarbeitung lediglich einen Denkfehler gemacht hat oder ob der Vorschlag von Akteuren der Stromwirtschaft stammt. Gewiss ist aber, dass das Betragsnettoprinzip sich deutlich gegen die Energiestrategie 2050 richtet.